Röstipfanne, Lockdown-Krawatte und Glücksveston – Ein Rückblick auf die «staatsAuktion»

staatsAuktion

Am 18. Mai 2022 versteigerte das staatslabor die Lockdown-Krawatte von Bundesrat Alain Berset, die Röstipfanne von Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die Kristalle von Alt-Bundesrat Ogi und weitere 26 Objekte von Schweizer Entscheidungsträger:innen. Weshalb hat das staatslabor diese Initiative gestartet? Was erzählen die gespendeten Objekte über die Politiklandschaft der Schweiz? Und ob es schwierig war, den Arztkoffer von Bundesrat Cassis zu erhalten? In diesem Blogbeitrag blicken wir auf diese aussergewöhnliche Aktion zurück und beantworten häufig gestellte Fragen.

Während der Pandemie standen Personen aus Politik und Verwaltung vor allem als Entscheidungsträger:innen im Fokus der Öffentlichkeit. Das Ziel der staatsAuktion war es, eine persönliche Seite von Verwaltung und Politik sichtbar zu machen und zugleich die wirtschaftlichen Opfer der Pandemie zu unterstützen. Während und nach dieser Krisenzeit war es uns ein Anliegen, eine Nähe zwischen Gesellschaft und Politik herzustellen.

“Nous avons construit cette idée ludique pour réfléchir au lien entre la population et le personnel politique.” - Alenka Bonnard, Co-Geschäftsleiterin staatslabor

Durchgeführt hat das staatslabor die Auktion in Zusammenarbeit mit dem Schweizerische Rote Kreuz (SRK). Die Spendeneinnahmen über 21' 240 CHF gingen vollumfänglich an die Einzelhilfe des SRK und somit an armutsbetroffene Personen in der Schweiz. 

“Das SRK engagiert sich auf der ganzen Welt für Menschen in Not. Es ist uns aber auch ein grosses Anliegen, für Menschen in der Schweiz da zu sein. Die staatsAuktion hilft uns, hier in der Schweiz gezielt Not zu lindern.” - Markus Mader, Direktor SRK

Die Objekte – persönlich, divers und mit einer guten Portion Schweizer Bescheidenheit 

Die Objekte wurden von den Spender:innen frei ausgewählt. Die Sammlung der 29 Objekte scheint dadurch auf den ersten Blick wie eine etwas zufällige Zusammensetzung “normaler” Alltagsgegenstände. Jedes Objekt beschreibt aber einen Teil der Schweizer Geschichte und das Ensemble gleicht einem Abbild der Schweizer Politiklandschaft: persönlich, divers und weitestgehend bescheiden. Christoph Passer von Le Matin Dimanche beschrieb die Sammlung in seinem Artikel wie folgt: “L'ensemble constitue aussi un corpus emblématique d'un art politique helvétique.” 

In den handschriftlichen Begleitschreiben erzählen die Spender:innen die Geschichten und persönlichen Erlebnisse, welche sie mit den Gegenständen verbinden. Nicht nur mit dem Objekt an sich, sondern eben auch mit dieser Beschreibung zeigen die Politiker:innen und Verwaltungsangestellten eine persönliche Seite. Da erfährt man beispielsweise, dass es dem einen oder der anderen nicht leicht gefallen ist, sich von einem Objekt zu trennen. Bundespräsident Ignazio Cassis schrieb zu seinem Arztkoffer, den er für die Auktion gespendet hatte: “Celà a été une étape importante - voire fondamentale - de ma vie. Ces instruments ont une grande valeur émotionnelle: je ne m’en sépare pas facilement.” 

Einige der Objekte geben einen seltenen Einblick in die Aktivitäten, welchen die Polit-Prominenz ausserhalb des beruflichen Alltages nachgeht. Frau Bundesrätin Viola Amherd ist eine leidenschaftliche Wanderin, Frau Alt-Bundesrätin Doris Leuthard verbrachte ihre freien Stunden in der Pandemie mit Malen und Frau Bundesrätin Simonetta Sommaruga brät zur Beruhigung eine Berner Rösti.  

Betrachtet man die Sammlung als Ganzes, ist eine regionale Diversität, der “Kantönligeist” der Schweiz, erkennbar. Nebst urbanen Produkten, wie der Freitag-Tasche der Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch, gab es so einiges aus ländlichen Regionen zu erwerben: Eine limitierte Armbanduhr aus dem Neuenburger Jura, ein Alphorn, Appenzeller Alpenbitter oder ein Fotobuch aus Uri. 

Einige der Objekte zeugen ausserdem von Schweizerischer Bodenständigkeit. Abgesehen von den “Kraft-Kristallen” von Herrn Alt-Bundesrat Adolf Ogi und dem “Glücks-Veston” von Herrn Bundesrat Guy Parmelin, welchen beiden internationale, übernatürliche Kräfte nachgesagt werden (wie wir aus den Begleitschreiben erfuhren), sind es Gegenstände aus den normalen Lebensbereichen mit einer speziellen Geschichte der Entscheidungsträger:innen, welche den Auktionskatalog prägen: ein Buch mit Kinderfragen, eine Fahrradglocke oder eine Kaffeetasse. Die Gegenstände zeigen: Diese Personen haben einen Alltag wie Du und ich  sie kochen selber Rösti, haben ein Sackmesser im Hosensack und helfen Menschen in Not. 

Die Versteigerung – Wer hat eigentlich die Lockdown-Krawatte nach Hause genommen? 

Die Auktion lief drei Wochen online – jeder und jede konnte ein Gebot abgeben. Am 18. Mai 2022 fand die Schlussversteigerung bei uns an der Bundesgasse 16 in Bern statt, an welcher die Höchstgebote der Online-Vorversteigerung noch einmal überboten werden konnten. Geleitet wurde die Versteigerung durch das Auktionshaus Dobiaschofsky. Die charmanten Objektpräsentationen durch Alenka Bonnard und Nicola Forster (Präsident des staatslabors) sorgten für einen unterhaltsamen Anlass, bei dem nicht der Kauf an sich, sondern die Geschichten im Zentrum standen. 

Ob im Auftrag oder für den persönlichen Gebrauch – an der Auktion wurde im Schlagabtausch geboten. Noel Pedreira ersteigerte die Lockdown-Krawatte von Herrn Bundesrat Alain Berset und erklärte uns direkt nach seinem Kauf: “La Croix-Rouge a fait un énorme travail dans notre pays comme ailleurs dans le monde. Et c’est aussi pour rendre hommage aux nos autorités politiques.” Die Krawatte erinnere an eine aussergewöhnliche Zeit und den Verdienst unserer Entscheidungsträger:innen. 

Auch beim anschliessenden “Apéro Suisse”, welchen das staatslabor mit freundlicher Unterstützung der Cenovis AG offerierte, stand Swissness auf dem Menu: farbenfrohe, lokale Köstlichkeiten wie Carac, Cenovis-Brötchen, Picknick-Eier und Berner Markt-Rüebli. 

Bereits vor der staatsAuktion setzte das staatslabor auf ein breites Veranstaltungsangebot, bestehend unter anderem aus Innovationsprojekten mit Partnern der öffentlichen Verwaltung, Mittagsveranstaltungen und Workshops. Dennoch war die staatsAuktion auch durch das für uns noch unbekannte Auktions-Format aussergewöhnlich. Es hat es uns ermöglicht, der öffentlichen Verwaltung und den Bürger:innen auf eine neue Weise zu begegnen. Solche Veranstaltungsformate inspirieren uns in unserer Arbeit mit Verwaltungen und können uns helfen, den öffentlichen Sektor offener und nahbarer zu machen. 

Wir haben uns sehr über das grosse Interesse gefreut, welches unserer Auktion entgegengebracht wurde. Wir bedanken uns für die Solidarität, die den Personen in der Schweiz, die finanziell noch immer unter den Folgen der Pandemie leiden, entgegengebracht wird. Das staatslabor bedankt sich auch noch einmal herzlich bei den Käufer:innen für ihre grosszügige Spende, bei den Objektspender:innen für ihre grosszügigen Objektspenden und ihre Bereitschaft, eine persönliche Geschichte zu erzählen, beim Auktionshaus Dobiaschofsky für ihre Unterstützung bei der Versteigerung und bei allen weiteren Personen, die uns bei der staatsAuktion unterstützt haben. 

Schliesslich möchten wir uns auch bei Paula Beck, Projektleiterin der staatsAuktion und Trainee beim staatslabor, für die Organisation der staatsAuktion und insbesondere der Schlussversteigerung bedanken. Mit ihren ausdauernden Einsatz war sie massgebend für das Gelingen der Aktion verantwortlich.