Wir wollen Innovation für einen modernen und bürgernahen Staat

staatslabor
Mitgründer und Vorstandspräsident Nicola Forster über die Entwicklung des staatslabors, wie alles anfing und was als nächstes kommt.

Vor knapp vier Jahren gab es lediglich eine abstrakte Idee: Der Wunsch, die öffentliche Verwaltung in der Schweiz dabei zu unterstützen innovativer zu werden. Was ist seither geschehen?

Uff, schon ziemlich viel (lacht). Wir haben das staatslabor 2016 als NGO gegründet, hatten aber immer auch einen starken und etwas grössenwahnsinnigen Startup-Spirit: Wir wollen uns ja schliesslich dafür einsetzen, dass unser bereits recht gut funktionierender Staat künftig noch besser funktioniert. Der Aufbau des staatslabors hat aber wohl nicht nur wegen dieses Spirits tatsächlich funktioniert, sondern weil wir von Anfang an vielen innovativen Köpfen aus der Verwaltung und von ausserhalb begegnet sind, die sich mit viel Herzblut für einen modernen und bürgernahen Staat engagieren wollen. Heute sind wir mit unserem Team übrigens schon in der ganzen Schweiz aktiv und unterstützen Gemeinwesen auf nationaler, kantonaler sowie auch kommunaler Ebene mit unseren Ideen.

Was gab den Anstoss, das staatslabor zu gründen?

Wir fanden es absurd, dass unter dem Modebegriff "Innovation" in unserem Land immer bloss technologischer Fortschritt verstanden wird und die gesellschaftliche und politische Dimension gleichzeitig ein Mauerblümchendasein fristet. Dabei wäre die Schweiz mit ihrer legendären Bürgernähe doch prädestiniert dafür, eine Vorreiterrolle zu spielen und in ihrem Gemeinwesen neue kollaborative Formate und Methoden einzuführen! Im Unterschied zu anderen Ländern gab es damals bei uns aber keinen Ort und keine Organisation, welche dem Thema der Innovation in der öffentlichen Verwaltung ein Zuhause bot. Deshalb haben wir das staatslabor gegründet und unter der Leitung unserer Co-Geschäftsführerin Alenka Bonnard aufgebaut. Unser Trägerverein heisst übrigens noch “PoliLab”, da uns bei der Gründung der schöne Name “staatslabor” noch nicht eingefallen war (lacht).

Welches Innovationsprojekt mit einer Verwaltung hat dir besonders gefallen?

Da fallen mir gleich mehrere Projekte ein; eine strategische Zusammenarbeit mit der Nationalbibliothek kann schliesslich kaum verglichen werden mit einem sehr angewandten Projekt wie jenem zur Evaluation des Farbsack-Systems in der Stadt Bern. Das sind äusserst unterschiedliche Projekte, aber sie haben alle gemeinsam, dass sie zeigen wie man in der öffentlichen Verwaltung anders arbeiten kann, z.B. durch den kollaborativen Einbezug von Nutzerinnen und Nutzern in die Gestaltung von Dienstleistungen. Besonders hervorheben möchte ich die staatsBox, die wir vor einem Jahr mit Staatsangestellten aus Bund, Kantonen und Gemeinden pilotiert und im vergangenen Winter im Rahmen eines drei-monatigen Programms mit der Stadt Zürich erprobt haben. Dafür geben wir den Verwaltungsmitarbeitenden in einem Design-Thinking-Format neue Tools in die Hand, damit sie ihre kreativen Ideen und Lösungsvorschläge wenn möglich bis zur Umsetzung vorantreiben können. Anmeldungen für das staatsBox-Programm sind übrigens, coronabedingt etwas länger als ursprünglich vorgesehen, noch bis Ende Juli möglich.

Was macht das staatslabor im Zuge der Coronakrise?

Wir betreiben im Auftrag des Krisenstabs des Bundesrats zur Bewältigung der Coronakrise (KSBC) die “Verbindungstelle Zivilgesellschaft”. Wir haben alle gesehen, wie wichtig und gross das Engagement von Einwohnerinnen und Einwohnern speziell zu Beginn der Krise war, als beispielsweise über Hilf Jetzt oder die App “Five Up” des Schweizerischen Roten Kreuzes sowie der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft tausende Freiwillige zusammenkamen, um Risikogruppen in ihrem Alltag zu unterstützen. Dieses zivilgesellschaftliche Engagement ist zwar unabhängig vom Staat, eine gute Koordination ist jedoch in einer Krise und auch darüber hinaus extrem wertvoll für beide Seiten. Wer ein konkretes Anliegen an den Bund hat, kann sich deshalb unkompliziert bei der Verbindungsstelle melden.

Ist das staatslabor eigentlich ein Think Tank? Oder eine Beratung? Wie würdest du die Organisation beschreiben?

Wir machen uns eigentlich nichts aus solchen Schubladen, und würden da auch definitiv nicht reinpassen (lacht). Das staatslabor ist eine zivilgesellschaftliche Organisation ohne Gewinnabsicht, die den Staat sowohl mit Ideen als auch bei der Umsetzung konkreter Projekte unterstützt.

Wie viele Leute seid ihr im Team?

Im Vorstand des Vereins sind wir Gründerinnen und Gründer Max Stern, Alenka Bonnard, Danny Bürkli und ich. Alenka und Danny arbeiten beide Vollzeit bei der Geschäftsstelle und leiten den operativen Betrieb gemeinsam. Darüber hinaus haben wir 360 weitere feste Stellenprozente in der Geschäftsstelle sowie “Fellows”, erfahrene Expertinnen und Experten mit welchen wir regelmässig zusammenarbeiten. Wir werden bald auch weitere Stellen ausschreiben.

Wie ist das staatslabor finanziert?

Einerseits finanzieren wir uns über philanthropische Beiträge von Stiftungen und Förderfonds, andererseits über entschädigte Projekte mit der öffentlichen Verwaltung. Glücklicherweise haben wir eine Basisförderung von Engagement M, einem Förderfonds der Migros-Gruppe für Pionierprojekte, erhalten. Als nicht-gewinnorientierter Verein übernehmen wir bezahlte Projekte mit der öffentlichen Verwaltung nur dann, wenn sie uns helfen, konkret in der Verwaltung etwas zu verändern. Etwaige Überschüsse reinvestieren wir in den Betrieb des staatslabors oder auch in unsere kostenlosen Veranstaltungen und Angebote für MitarbeiterInnen der öffentlichen Verwaltung.

Was kommt als nächstes?

Aktuell konzentrieren wir uns neben den laufenden Projekten auf den Betrieb der Verbindungsstelle Zivilgesellschaft und die Mitarbeit im Krisenstab. Doch das Potential für staatliche Innovation ist in der Schweiz nach wie vor enorm, und wir möchten aus aller Welt die besten Beispiele sammeln und ins unserem Land nutzbar machen. Es gibt jedenfalls noch sehr viel zu tun für das staatslabor - vamos! :-)